Unterschiede wichtiger als Gemeinsamkeiten?

Die Gesellschaft in Deutschland wird immer diverser und liberaler, dennoch kommt Diskriminierung im Alltag häufiger vor als man denkt. Wenn man der Jugendsozialarbeitorganisation glauben schenkt, wurde fast jede sechste Person in Deutschland bereits aufgrund von ihrer Religion, Weltanschauung oder ethnischer Herkunft diskriminiert. Unter anderem auch die Oberstufenschülerin Sude Uçar, die von mehrfachen Diskriminierungserfahrungen berichten kann. Sie erzählt stolz: „Mein Vater kam in den 1980er Jahren als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland. Er ist öfters in die Türkei und wieder zurück gereist, bis er letztendlich meine Mutter heiratete, die danach zu ihm nach Deutschland zog. Meine große Schwester und ich sind in Deutschland auf die Welt gekommen.“ Obwohl sie deutsche Staatsbürgerin ist und sich in Europa sozialisiert fühlt, erinnert sie sich oft an Diskriminierungsvorfälle, die sie und ihr Umfeld erlebt haben, zurück. „Bereits im Kindergarten wurde ich von anderen Kindern aufgrund meines Aussehens ausgegrenzt und habe die Aberkennung meiner deutschen Identität erfahren“ erzählt sie, „Meine Schwester hingegen hat rote Haare und musste sich von vielen Autoritätspersonen, wie meiner Grundschullehrerin anhören, dass sie mit ihrer besonderen Haarfarbe gar nicht türkisch sein kann. Das hat eine Art Identitätskrise bei ihr ausgelöst, denn als deutsch wurde sie nun auch nicht gesehen.“
Sude fuhr mit ihrer Familie jedes Jahr über die Sommerferien in die Türkei, aber selbst dort ist sie nicht ganz vorurteilsfrei. Sie schildert ihre Erfahrungen auch aus der Heimat ihrer Eltern: „Beim Spielen mit meinen Cousinen, die in der Türkei aufgewachsen sind, wurde mir immer wieder klar gemacht, dass ich auch nicht wirklich türkisch genug bin. Ich wurde oft auch als die deutsche Cousine betitelt. Das war für mich besonders nervig, weil die Unterschiede für viele immer wichtiger waren, als die Gemeinsamkeiten.“ Sie bekennt aufgrund der verschiedenen Vorfälle keine wahrhaftige Zugehörigkeit zu einem bestimmten Land zu verspüren. Außerdem erzählt sie: „Mein Freundeskreis besteht zum größten Teil aus Leuten mit ähnlichen Erfahrungen wie ich, da die Mentalität und die Kultur oft die gleiche ist, dennoch habe ich aber auch einige deutsche Freunde bei denen ich authentisch sein kann und meine Herkunft nicht im Vordergrund steht.“ Nichtsdestotrotz äußert sich Sude mehrheitlich positiv über die deutsche Gesellschaft. „Ich persönlich habe das Glück, dass ich mich so gut wie möglich an alle Umstände anpassen kann und somit weniger Diskriminierung erleide als manch andere, dennoch kann ich von Erfahrungen meiner Bekannten und Verwandten berichten, dass es beispielsweise beim Thema Wohnungssuche zu Benachteiligungen von Menschen mit Migrationshintergrund kommen kann.“
Sie ist dankbar dafür, dass sie ihr Abitur am KGA erlangen kann. „Verglichen mit allen anderen Schulen, die ich vor der Oberstufe besucht habe, fühle ich mich am KGA gut aufgehoben und befürchte keine Diskrimierung von Mitschülern oder Lehrkräften. Deshalb setze ich mich in meinem P-Seminar in Geschichte Amnesty International unter anderem für das Siegel Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage für diese Schule ein.“
Sude ist eine von mehreren Schülerinnen und Schülern, die sich dazu bereit erklärt hat ihre Erfahrungen kundzutun, allerdings ist sie nicht die einzige, die von solchen berichten könnte. Es liegt also in der Verantwortung unserer Schulgemeinschaft dafür zu sorgen, dass sich alle Schüler des KGAs gegen Diskriminierung und Rassismus aussprechen und aktiv für mehr Toleranz handeln.
A.K.