Debatte um AKWs - Pro und Contra
Debatte um AKWs: Ideologie oder Wissenschaft?
Strom wird immer teurer und vor allem mittelständische Betriebe haben mit den Teuerungen hart zu kämpfen, Geschäfte gehen insolvent, Existenzen werden bedroht. Doch der Staat, allen voran die Ampelkoalition, glänzt mit Unentschlossenheit. Dabei könnte es doch so einfach sein, Atomkraftwerke wieder ans Netz zu schalten und günstigen Strom zu produzieren, könnte man zumindest meinen.
Die deutsche Bevölkerung ist sehr zwiegespalten in der Frage ob, und wenn ja, wie lange, Atomkraftwerke weiterlaufen sollen. Doch während die einen noch versuchen, wissenschaftliche Argumente anzuführen, um damit die Sinnhaftigkeit des Weiterlaufens zu untermauern, stellt sich die Gegenseite bockig dagegen, quasi wie ein kleines Kind, welches seinen Brokkoli nicht aufessen möchte, da es sich fest in den Kopf gesetzt hat, dass das Gemüse nicht schmeckt.
Besagte Gegner führen gerne die Angst über erneute Katastrophen wie in Tschernobyl und Fukushima an, die zugegebenermaßen sehr verheerende Folgen mit sich ziehen können. Doch Deutschland ist nicht gerade für seine wenigen Sicherheitsvorkehrungen und -vorschriften bekannt und auch Erdbeben, die in großen Flutwellen resultieren, sind bei uns eher die Ausnahme. Egal, vielleicht täusche ich mich ja auch, aber wann war das letzte Erdbeben mit einer Stärke von 9 auf der Richterskala in Deutschland, an welches Sie sich erinnern können?
Auch ein oft genutztes Argument ist das Problem der Endlagerung des radioaktiven Mülls, der sehr große Halbwertszeiten besitzt. Doch auch dafür gibt es Lösungen: Zum einen natürlich die Endlagerung in befestigten, sicheren Minen, wie es bereits heute schon praktiziert wird, die allerdings sehr langwierig ist. Die Schweiz hat im Übrigen nun auch ein neues Endlager ausgerufen, nur unweit von der deutschen Grenze entfernt, was eine etwaige Kooperation möglich machen könnte. Zwar ist das nicht sehr wahrscheinlich, die Möglichkeit bestünde jedenfalls. Eine zweite, hochinnovative Lösung für das Problem ist die weitere Erforschung von sogenannten Dual-Fluid-Reaktoren, die den alten Atommüll wiederum verwenden und damit Strom produzieren können. Der dort übrig gebliebene Müll hat dabei eine viel geringere Halbwertszeit als der ursprüngliche, was die Lagerung wiederum vereinfacht.
Doch was sagen die Regierungsparteien dazu? Die Ampel und allen voran die Grünen hatten sich lange mit dem Thema beschäftigt und wirken trotz dessen nicht sehr einheitlich in der Frage. Dies lässt sich auch an Robert Habeck (Wirtschaftsminister) erkennen, der nun überraschenderweise einen Sinneswandel durchlebte.
Zunächst sprach er sich gegen einen Weiterlauf aus, korrigierte seine Aussage allerdings und plädiert nun doch dafür. Ob dies nun an dem Shitstorm liegt, den er vor allem nach seiner Aussage in einer Maischberger-Diskussionsrunde bekam, in der er behauptete, dass deutsche Unternehmen nicht insolvent gingen, sondern lediglich für ein paar Monate aufhörten zu produzieren, oder doch auf eine wissenschaftliche Debatte innerhalb der Grünen zurückzuführen ist, sollte mittlerweile allen klar sein. Denn viel Rückenwind bekommt Habeck nicht mal aus seiner eigenen Partei, um genauer zu sein, empfindet Baerbock eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke als einen „Irrsinn“.
Man klammert sich an der Idee fest, dass der böse Atomstrom ja nicht sicher sei, auch wenn es dafür zunächst einmal keinen direkten Beweis gibt oder, um es noch ein Stück zu dramatisieren, man versteckt sich hinter der Ideologie der bösen Atomkraft und argumentiert emotionsgetrieben dagegen an.
Doch was spricht denn nun überhaupt alles für den Weiterbetrieb der AKWs?
Fakt ist, dass Strom immer teurer wird und jeder, der seinen Stromtarif anschaut, weiß darüber Bescheid. Der Atomstrom wäre nun eine kostengünstige Alternative das Loch, welches vor allem durch das fehlende, oder wenn vorhanden teure, Erdgas entsteht, zu stopfen. Dabei sind Atomkraftwerke noch eine vergleichsweise saubere Energiequelle im Gegensatz zu den Braunkohlenwerken, die nun ersatzweise in Betrieb genommen werden. Dies zeigt auch eine gewisse perfide Ironie der Ampel, da man sich hinter der Umweltschädlichkeit von Atomkraftwerken versteckt und nun CO2-intensive Stromquellen, namentlich die Kohlenwerke, zur Stromerzeugung verwendet.
Nach der Widerlegung der wichtigsten Argumente der Atomkraftgegner kann sich der gebildete Leser fragen, warum die Regierung noch nicht handelt und die längst überfällige Entscheidung trifft, endlich die Atomkraftwerke ans Netz zu nehmen. Das weiß aber wahrscheinlich niemand. Wenn die Ampel aber eine Pleitewelle und eine große neue Zahl an Arbeitslosen verhindern möchte, wäre es nun jedenfalls an der Zeit zu handeln. Damit ist im Übrigen auch nicht eine versteuerungspflichtige Energiepauschale in Höhe von lächerlichen 300 Euro gemeint, wo schließlich wieder nur ein Bruchteil beim Endverbraucher ankommt.
Von unseren freien Mitarbeitern J.K. und N.H.
Debatte um AKWs: Atomkraft? Erneuerbare!
Die Energiepreise explodieren, Deutsche müssen jeden Tag fürchten, dass ein Blackout das ganze Land lahm legt und nur Atomkraft kann uns aus dem Versagen der Ampel-Regierung retten – ungefähr so haben mache Menschen im September 2022 gedacht, gefördert durch die von der CDU/CSU gestartete Kampagne für Atomkraft. Doch jetzt können wir sehen, dass diese Szenarien übertrieben waren und Atomkraft eben doch nicht die Lösung all unserer Probleme ist.
Ende September 2022 fordert die CDU/CSU die Laufzeitverlängerung dreier deutscher Kernkraftwerke bis Ende 2024. Ein Vorschlag, der sofort aufgrund der angespannten Energieversorgungssituation heftig diskutiert wird – und dabei wurde wieder eine echte Lösung des Problems vergessen: erneuerbare Energien. In dem neunseitigen Gesetzesentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Lösung der Energiekrise vom 20. September 2022 mit dem Namen „Entwurf eines Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (19. AtGÄndG)“ werden Erneuerbare Energien nur in einem Nebensatz erwähnt. Die Union fordert: „Neben einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein zeitlich begrenzter Weiterbetrieb der […] Kernkraftwerke […] das Mittel der Wahl“. Dabei war es doch die Union, die 16 Jahre in der Bundesregierung diesen „massiven Ausbau“ verpasst hat, ja sogar gewollt verhindert hat. Vor 10 Jahren hat der CDU-Umweltminister und spätere Wirtschaftsminister Peter Altmaier die EEG-Förderungen für Solarstrom beendet, was dazu führte, dass der Ausbau von jährlich mehr als 8.000 Megawatt auf unter 2.000 Megawatt abstürzte. Und weiterhin ist diese Politik gegen Erneuerbare Energien in Bayern von CSU-Ministerpräsident Markus Söder sichtbar. Während sich Söder und seine CSU mit absurden Zahlen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien feiert, wird schnell sichtbar, dass diese Zahlen nicht der Realität entsprechen. Söder verwendet in den sozialen Netzwerken absolute Zahlen, was durch die große Fläche Bayerns natürlich nicht als Vergleichswert geeignet ist. Betrachtet man die Entwicklung des Windkraftausbaus des letzten Jahres nach Fläche belegt Bayern einen krachenden letzten Platz, stark gefördert durch die unsinnige 10H-Regel der bayerischen Staatsregierung, die den Ausbau von Windkraft für Kommunen nahezu unmöglich macht. Anstatt, dass die CDU/CSU sich ernsthaft für erneuerbare Energien stark macht, wird also lieber wieder über Atomkraft geredet. Damit befördert CDU-Vorsitzender Friedrich Merz seine Partei wahrhaftig zurück in die 1990er-Jahre, wo doch eigentlich mittlerweile jede:r verstanden haben sollte, dass Erneuerbare Energien unsere Zukunft sind, die uns unabhängig machen und zukünftige Generationen vor der Klimakrise retten.
Mir war es wichtig in diesem Kommentar zuerst auf Erneuerbaren Energien zu blicken, bevor ich auf die Scheinargumente der Atomkraftbefürworter:innen eingehe. Nachdem SPD-Kanzler Olaf Scholz von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht hatte, beschloss die Ampel-Regierung ein Gesetz zur Einsatzreserve für den äußersten Notfall, so unwahrscheinlich er auch sein mag. In diesem Gesetz ist weiterhin das Ende der Laufzeit der verbliebenen drei Atomkraftwerke regulär zum 31. Dezember dieses Jahres geregelt. Die AKWs Isar 2 und Neckarwestheim 2 werden bis zum maximal 15. April 2023 in Betriebsbereitschaft gehalten und stehen so zur Verfügung, um falls nötig, einen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes in Süddeutschland zu leiten. Dafür werden keine weiteren Brennelemente beschafft, die krebserzeugende Radioaktivität freisetzten. Diese Brennelemente wären für einen Weiterbetrieb bis 2024 – wie ihn die Union fordert – notwendig. Jedoch sind solche aktuell enorm schwierig zu beschaffen und vermutlich geht bei einer Anschaffung kein Weg an Russland vorbei, da diese das notwendige Uran für die Herstellung importieren. Zudem zeigt sich, dass selbst die Betreiber:innen der Atomkraftwerke gegen eine Laufzeitverlängerung sind. Ende November forderte RWE-Chef Markus Krebber die Diskussion um eine Verlängerung der AKWs zu beenden. Er stellte sich auch gegen neue Brennstäbe und forderte stattdessen den Ausbau der Erneuerbaren Energien.
Schauen wir in unser Nachbarland Frankreich, das 67% des gesamten Stroms aus Atomenergie gewinnt. Damit ist Frankreich nicht sonderlich abhängig von Gas, also sollte es doch nach den Argumenten der CDU/CSU keinerlei Probleme in diesem Land geben? Falsch gedacht! Im August waren mehr als die Hälfte der 56 französischen Meiler nicht in Betrieb, nur ein einziger, lieferte annähernd die volle Leistung. Neben technischen Problemen war die Klimakrise ein Problem für die doch so nachhaltige (seit Anfang des Jahres behauptet das zumindest die EU auf Wunsch von Frankreich) Atomkraft. Wegen der Dürren gab es in den französischen Flüssen nicht mehr genügend Kühlwasser für die AKWs, weshalb die Atomaufsichtsbehörde die Grenzwerte nach oben anpasste – ein erhebliches Sicherheitsrisiko. Und genau diesen Weg will die CDU/CSU für Deutschland auch? Oder warum fordert sie sonst einen Weiterbetrieb bis 2024?
In diesem Kommentar sollte deutlich geworden sein, dass die Forderungen nach der Verlängerung der Atomkraft keine Lösung darstellen, sondern ein neues Problem für die Zukunft schaffen. Dabei gibt es durch die Erneuerbaren Energien schon lange eine wirklich nachhaltige Lösung unserer Energieprobleme, weil Erneuerbare Energien sind Zukunftsenergien! Und die Union beweist deutlich, dass sie in dieser Zukunft noch nicht angekommen ist, wenn in Bayern mit dem Windkraft-Verhinderer Söder die Klimakrise weiter befeuert wird. Und wenn es dann darum geht den Atommüll zu lagern, dann ist die CDU/CSU plötzlich ganz leise. Oder möchten Unions-Politiker:innen etwa die nächsten 33.000 Generationen mit dem schädlichen Müll in ihrem eigenen Wahlkreis verstrahlen? Wer laut nach Atomkraft schreit, sollte sich lieber vorher Gedanken über den Müll machen – oder die vielen Möglichkeiten der Erneuerbaren Energien als einzig sinnvolle Lösung einsehen.
Von E.W.